„Psychobiotika” – über die Verbindung von Darm und Gehirn

ORY Magazin: Psychobiotika – über die Verbindung von Darm und Gehirn

Erstmalig 2013 etablierte sich der Begriff der Psychobiotika. Diese versprechen gesundheitliche Vorteile für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Psychobiotika gehören in die Kategorie Probiotika – und spielen eine große Rolle für die Interaktion zwischen Darm und Gehirn.

Was sind Probiotika?

Probiotika sind Zubereitungen aus lebenden Mikroorganismen, die einer Fehlbesiedlung im Darm entgegenwirken sollen. Sie bewirken positiven Effekte – aber nicht nur auf unsere Darmgesundheit, sondern indirekt auch auf unsere Immunabwehr und unsere seelische Verfassung.

Schon als Baby nehmen wir Laktobazillen während der Passage durch den Geburtskanal der Mutter auf. Später besiedeln sie unseren Darm und haben Einfluss auf die gesamte Darmflora. Sie haben positive Effekte auf die Barrierefunktion der Darmschleimhaut und verdrängen schädliche Darmbakterien, so dass das Mikrobiom intakt bleibt. So bildet sich ein darmeigenes Immunsystem, welches direkten Einfluss auf die Gesundheit hat. Mit der richtigen Ernährung bauen Laktobazillen im Körper Zucker zu Milchsäure ab und sorgen dabei für eine Senkung des PH-Werts des Darminhalts. Daneben helfen bestimmte Gattungen bei der Abwehr von Krankheitserregern und auch bei der Bildung von Vitamin D.

Bifidobakterien besiedeln natürlicherweise den Darm und zählen zu den Milchsäurebildnern, das heißt, sie bauen Zucker zu Essigsäure und Milchsäure ab. So wird das Milieu im Darm mehr sauer und verschlechtert so die Lebensbedingungen für pathogene Keime. Durch diese Sanierung der Darmflora werden bestimmte Beschwerden wie beispielsweise das Reizdarmsyndrom aber andere Magen-Darmbeschwerden wie Durchfall und Verstopfung gelindert. Daneben werden vermehrt Antikörper gebildet und das Wachstum bestimmter Immunzellen gefördert, so dass die Funktion des körpereigenen Abwehrsystems verbessert wird.

Bakterien als Helferkräfte

Studien legen nahe, dass sich Darmbakterien positiv auf die Stimmung, Angststörungen und Stress und sogar auf neurologische Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson auswirken können. Viele dieser Untersuchungen beziehen sich momentan allerdings auf Versuche mit Tieren. Insgesamt zeigen Untersuchungen mit Menschen gemischte Ergebnisse. Das mag daran liegen, dass es viele Bakterienstämme gibt, die möglicherweise je nach Erkrankung oder gar auf individueller Ebene unterschiedlich wirken. Eine weitere Beobachtung ist, dass manche Bakterienstämme bei Menschen mit Depressionen mehr oder weniger vorkommen, als bei gesunden Menschen.

Studien zufolge können beispielsweise Lacto- und Bifidobakterien den Neurotransmitter GABA herstellen. Ist der GABA-Wert erniedrigt, kann dies ein erhöhtes Angstempfinden verursachen. Probiotike, welche diese Bakterien enthalten, können dementsprechend Angstsymptome bei Menschen und Tieren mit Reizdarmsyndrom reduzieren.

Jedoch gibt es auch Darmbakterien mit ungünstigen Effekten für das zentrale Nervensystem. Beispielsweise bildet Clostridium difficile Stoffe, welche die Nervenzellen sowie das endokrine System beeinflussen – so zeigten Patienten mit Autismus bzw. Schizophrenie eine höhere Konzentration dieses Bakteriums im Verdauungstrakt im Vergleich zu gesunden Menschen.

„Psychobiotika werden bald ein alltägliches Produkt für einen gesunden Lebensstil und ein generelles Wohlgefühl sein und werden möglicherweise als Mikroben-basierte Therapie verschiedener Erkrankungen des zentralen Nervensystems dienen.“

Mikrobiologin Richa Sharma, University of Delhi

Ursachen einer Fehlbesiedlung

Eine Kombination aus unausgewogener Ernährung, Antibiotikatherapie und dauerhaftem Stress verstärken die Gefahr einer Fehlbesiedlung des Darms und damit auch die Möglichkeit, an bestimmten psychischen Störungen zu erkranken. Demnach könnten Depressionen also auch die Folge einer gestörten Darmflora sein und nicht unbedingt deren Ursache. Trotz dieser auffälligen Verbindung zwischen gestörter Darmflora und psychischen Erkrankungen ist eine Kausalität bisher noch nicht eindeutig erwiesen.

Vom Darm zum Gehirn, eine komplexe Reise

Der Darm denkt nicht nur eigenständig, er entscheidet auch selbstständig und bringt Prozesse in Gang. Zudem besitzt er viele nützlichen Darmbakterien, welche die Nahrung aufschlüsseln, das Immunsystem stärken und neuroaktive Substanzen wie beipielsweise das Glückshormon Serotonin produzieren. Diese essentiellen Substanzen müssen um zu wirken vom Darm über die sogenannte Darm-Hirn-Achse ins Gehirn transportiert werden, was wiederum bedeutet, dass die im Darm gebildeten Botenstoffe unsere Psyche beeinflussen können.

Die Ursache hierfür liegt vermutlich in der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, auch Stressachse genannt. Sie ist ein Hauptteil jenes Hormonsystems, das Reaktionen auf Stress kontrolliert und viele Prozesse im Körper reguliert – einschließlich Verdauung, Immunsystem, Stimmung und Gefühle, Sexualität, Energiespeicherung und -verwendung.

Je gesünder die Darmflora ist, umso besser funktioniert der Austausch und die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn. Das bedeutet aber auch, dass ein unausgewogenes Mikrobiom sich negativ auf die Stimmung und Emotionen auswirken und somit auch für Ängste, Depressionen und Stress verantwortlich sein kann. Eine gesunde Darmflora vermindert die Durchlässigkeit der Darmwand und somit das Potential für Entzündungsreaktionen. Aber auch verschiedene Botenstoffe im Gehirn könnten einen Teil zur Wirkung der Psychobiotika beitragen, da diese die Bildung bzw. den Wirkungsgrad von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) beeinflussen. Da der gesamte Gastrointestinaltrakt des Menschen in stetem Austausch mit dem Zentralnervensystem steht, kann somit eine beruhigende und stimmungsaufhellende Wirkung erzielt und die Psyche beeinflusst werden.

Und umgekehrt sollen psychische Erkrankungen tiefgreifende Veränderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms bewirken. In einer Studie von 2011 reduzierte die tägliche Verabreichung von Probiotika die Symptome der psychologischen Belastung sowie der Cortisolspiegel bei gesunden Probanden. In einer weiteren achtwöchigen Studie aus 2020 konnten bei Probanden dank einer psychobiotischen Kombination aus zwei Bakterienkulturen die Depressionssymptome signifikant verbessert werden.

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Laborcheck & hochwertige Probiotika

Laboruntersuchungen können Aufschluss über die Stressbelastung des Körpers geben. Hierfür kann entweder über eine Speichelprobe der Cortisolspiegel gemessen werden oder über eine Urinprobe der Neurotransmitter-Haushalt im allgemeinen. Eine diagnostische Untersuchung kann helfen, gezielt Einfluss auf Bakterienstämme zu nehmen und ggfs. Entzündungsgeschehen und Besiedlung mit pathogenen Keimen zu verändern. Natürlich kann auch das Darmmikrobiom untersucht werden und Einblick in die Verteilung der Bakterienstämme geben.

Daneben können Probiotika auch generell als Prävention und Unterstützung der Darmflora und -tätigkeit eingenommen werden und so Einfluss auf unser seelisches Wohlbefinden ausüben.

Wenn Du Dir nicht sicher bist, ob Dein Darmmilieu in Ordnung ist oder Du Dir eine zusätzliche Versorgung mit Probiotika wünschst, melde Dich gerne bei uns über das Kontaktformular – wir sind für Dich da!


Quellen: 1, 2, 3, 4, 5


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Wie Depressionen und Darmflora zusammenhängen

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